Hilf mir, es selbst zu tun

Diese Bitte, mit der sich einst ein Kind an Maria Montessori wandte, wurde zum Leitmotiv für ihr  Erziehungskonzept und  ihre entwickelten “Montessori-Sinnesmaterialien.
Die Bitte ” Hilf mir, es selbst zu tun” zeigt  den “natürlichen Wunsch”  des Kindes die “Welt” mit all seinen vielfältigen Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 1 Gegebenheiten und Möglichkeiten selbst bzw. eigenständig zu erkunden; sie zu erleben, zu begreifen und schlußfolglich “sich zu eigen zu machen.” 

Und noch ein Weiteres beinhaltet der Satz “Hilf mir es selbst zu tun“.
Mit meinen Angeboten möchte ich  hier gerne alle interessierten Erwachsenen ansprechen, die die Entwicklung des Kindes begleiten, unterstützen und/ oder selbst konkret fördern wollen.
Ich möchte Ihnen gerne helfen “Unterstützer-Held” Ihres Kindes zu werden, damit Ihr Kind zunehmend selbständig  und dadurch ” der Bildner seiner Persönlichkeit wird.

Um “Unterstützer-Held” Ihres Kindes zu sein oder zu werden, ist zunächst das “aufmerksame und wohlwollende Betrachten” wichtig bzw. die “liebevoll-achtsame Sichtweise” auf das Kind.
– Und nicht nur das; auch die “liebevoll-achtsame und wohlwollende Aufmerksamkeit sich selbst gegenüber” ist von wesentlicher Bedeutung !
Denn als “Unterstützer-Held” und das gilt auch anderweitig, sind Sie dem Kind und ebenso sich selbst das “wichtigste Werkzeug” ! –

Hierbei kann uns zunächst das “gezielte Bewußtmachen” unserer eigenen Einstellungen, unsere augenblickliche Befindlichkeit (emotional und gesundheitlich), unsere derzeitigen Wünsche, unsere private und berufliche Situation usw.” behilflich sein.
Denn diese beeinflussen oftmals unsere Sichtweise, unseren Umgang, unsere Beziehung und auch unsere Verhaltensbeurteilungen gegenüber einer Situation und dem Kind.
Wenn wir uns diese Tatsache vor Augen führen – und das besonders in solchen Momenten, in dem wir unser Kind bewusst “unterstützen und fördern” wollen, – haben wir den ersten wichtigen Grundstein auf dem Weg zum “bestmöglichen Unterstützer-Helden” gelegt!
Denn es wird unseren “subjektiven Blick” (den jeder in ganz eigener, individueller Weise besitzt) in einen “objektiven Blick” bzw. in einen “sachbezogenen Blick” Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 2 verwandeln oder diesen zunehmend verbessern.

Dann können wir uns als nächstes die Frage stellen, “ob” bzw. “wo” – d.h. in welchem Bereich – das Kind möglicherweise Unterstützung braucht. (Braucht es überhaupt eine Unterstützung ? – Vielleicht reicht auch eine gelegentlich  “unbemerkte”, im Hintergrund “still-teilnehmende” Aufmerksamkeit ? – )

Falls Ihnen die Antwort darauf noch nicht bekannt ist, kann Ihnen zunächst Ihr eigenes  Bauchgefühl, oder vielleicht auch das eine und andere geführte Gespräch mit jemandem weiter helfen.



Vielleicht sind auch folgende Fragen eine Überlegung wert und eine weiterführende Hilfestellung  ?

Diese können Sie ganz im Stillen für sich beantworten – ohne Zeitdruck, ohne einen kritischen Blick von außen und ohne jegliche Bewertung.
=> Es handelt sich dabei um Fragen, die die Interaktion, sowie  die Kommunikation, das Beziehungsverhältnis zwischen Ihnen und dem Kind, als auch das Verständnis über das Kind betreffen. <=


Fragen zum “Verständnis des Kindes” und der “familiär-sozialen Situation” :

– Welches Lieblingsessen hat Ihr Kind ?
– Gibt es ein Lieblingsspiel  und ein Lieblingsspielzeug des Kindes ?
  Welches ist es ?
–  Hat das Kind Freunde  ? Können Sie diese benennen ?
–  Ziehen Sie und Ihr Partner bei der Erziehung des Kindes an einem “Strang”  (bezogen auf Ansichten und Gewohnheiten) ?

– Wird das Kind nach seinen Interessen gefragt ?
– Wie schätzen Sie Ihr persönliches Einfühlungsvermögen gegenüber dem Kind ein ? Verstehen Sie, warum sich Ihr Kind  “so” verhält und nicht “anders” ?
– Scheint das Kind mitunter “über-” oder “unterfordert” zu sein ?
– Wird auf das Kind “direkter” oder “indirekter” Druck ausgeübt ?
– Kann das Kind Wünsche, Interessen, Ärger, Ängste usw. ausdrücken ?
Wie macht es das ?
– Lassen Sie das Kind ausreden ?
– Wieviel frei verfügbare Zeit hat das Kind  (auch bezogen auf die Nutzung von  Handy, Internet, Fernsehen usw.) ?

– Werden dem Kind Grenzen gesetzt und kennt es die möglichen Konsequenzen ?
– Kennt das Kind “Lösungsstrategien” für ein bestimmtes Problem ?
– Besitzt das Kind einen “Rückzugsort”, den es nach Belieben aufsuchen kann ?

– Gibt es mitunter Vorhaltungen oder Schuldzuweisungen ?
– Ist die Nähe oder die Distanz angemessen für das Alter des Kindes ?
– Wie lange braucht das Kind insgesamt für schulische Anforderungen ?
– Ist das Kind mit Problemen belastet/ überlastet ?
– Welche altersgerechten Aufgaben übernimmt das Kind im Haus ?
– Erhält das Kind notwendige Hilfen und Unterstützungen ?
– Sind Sie Ihrem Kind ein “gutes Vorbild” ?

– Kennen Sie die Vorlieben und Abneigungen des Kindes ?
– Haben Sie die Elternrolle und die Verantwortung für das Kind angenommen ?
– Gönnen Sie sich selbst  “Auszeiten” und einen “guten Umgang” mit sich selbst  (bezogen auf Erholung und Entspannung) ?Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 3

Neben diesen Fragen zur Selbsteinschätzung möchte ich nun etwas näher auf mögliche “Beobachtungsgesichtspunkte” (Kriterien) und auf “bewährte Beobachtungstechniken” eingehen.

Wie bereits oben erwähnt, spielen sowohl  äußere als auch innere (persönliche) Faktoren bei der Sichtweise und der Beurteilung einer Situation oder dem Verhalten eines Menschen eine Rolle, wie z.B.  unsere eigene Einstellung, unsere augenblickliche Befindlichkeit (emotional und gesundheitlich), unsere derzeitigen Wünsche, unsere private und berufliche Situation.
So können auch Müdigkeit, Fehlsichtigkeit, Hunger, Erregung, Schmerzen, eigene Erfahrungen (positiv / negativ) oder äußere Reizeinwirkungen (z.B. Lärm, schlechte Lichtverhältnisse) die Objektivität unserer Einschätzung, unserer Beobachtung “fehlerhaft”  beeinträchtigen.

Neben dem “gezielten Bewusstmachen” dieser Fehlermöglichkeiten, lässt sich ein “gutes Beobachtungsvermögen” auch erlernen –
durch:

a) Training der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit
( dies setzt vor allem die “gezielte” und “bewußte” Konzentration voraus, seine Aufmerksamkeit auf das Wesentliche (“das” was beobachtet / verstanden werden will ) zu fokussieren. – So, wie dies bei den bekannten “Suchbildern” in Zeitschriften bekannt ist, oder bei wiederholten Darbietungen von Bildern und Filmausschnitten, in denen wir eine “differenzierte” Beobachtung, sowie eine konkrete Beschreibung trainieren können ).

b) Einübung einer detaillierten und treffsicheren sprachlichen Beschreibung (z.B. durch Synonymbildungen, verwandte Begrifflichkeiten (s. Thesaurus), gezielte Umschreibungen usw.)

c) Einbeziehung unterschiedlicher Methoden und Techniken einer Beobachtung (z.B. durch Gelegenheitsbeobachtungen, systematische Beobachtungen in Form von Kurzzeit- oder Dauerbeobachtungen, teilnehmende Beobachtungen (als Teil der Gesamtsituation bzw. “aktiv”), nicht-teilnehmende Beobachtungen (als Zuschauer der Gesamtsituation bzw. “passiv”), usw.)

      >>  Untersuchungen haben gezeigt, dass  mehrere stichprobenartige 
“Kurzzeitbeobachtungen”  über einige Wochen verteilt, die besten “Ergebnisse”
erzielen.  <<


WAS
beobachtet werden soll, hängt natürlich von der jeweiligen Fragestellung ab.

Mitunter schließen sich sogar “neue Beobachtungen” unter “neuen Gesichtspunkten” (Aspekten, Erkenntnissen) an, die eine erweiterte Fragestellung mit sich bringt.
HINWEIS:
Jede Beobachtung beinhaltet eine beständig zu verfeinernde  Methode zur Klärung der Fragestellung.
Soll die Beobachtung z.B. repräsentativ für einen Aspekt der “Persönlichkeitsentwicklung” eines Kindes sein, muß sie alle Bereiche erfassen, in denen sich z.B. die “gefragte Eigenschaft” des Kindes ausdrücken kann.
Dies können u.a. sein:
– das Verhalten des Kindes zu Gleichaltrigen bzw. Kameraden
– das Verhalten des Kindes zu sich selbst  Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 4
– das Verhalten des Kindes zu Eltern / Erziehern / Lehrern
– das Verhalten des Kindes innerhalb des Spiels und der Freizeit
– das Verhalten des Kindes im Umgang mit den Medien (Computer, Fernseher, Handy …)
– das Verhalten des Kindes zu Sachen und sachlichen Aufgaben
– das Verhalten des Kindes zu Werten 

Die Beobachtungen sollten durch Notizen detailliert schriftlich festgehalten werden. Dabei sollten “Deutungen / Beurteilungen” vermieden werden.
Statt zu schreiben: “Max ist aggressiv”, sollte die tatsächliche Situation beschrieben werden – z.B.: “Max will zur Toilette, rennt  in der Küche am Frühstückstisch vorbei, an dem noch sein jüngerer Bruder Tim sitzt und schlägt ihn ohne ersichtlichen Grund auf den Kopf.”

Jede “Notiz / Beschreibung” sollte folgende Punkte beinhalten:

“Wann” hat X “Was” getan ?
“Wie / auf welche Weise” wurde “es” getan ?
“Welche Umstände” lagen in diesem Moment vor ?

> Von Bedeutung können auch “Beobachtungen und Informationen” anderer Personen sein.
> Und nicht zuletzt auch die Mitteilungen /Äußerungen (direkt oder indirekt)  des Kindes selbst ! (vielleicht kommentiert es sein Verhalten und beschwert sich über etwas, ist wütend oder traurig über ein bestimmtes Ereignis usw.)

Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 5

Beobachtungen lassen sich unterscheiden in “anekdotische Beobachtungen(„anekdotisch“ nennt man auch Sammlungen von Einzel-Beobachtungen ohne methodische Kontrolle und statistische Gewichtung – wie in der oben beschriebenen Weise ) und in  “standardisierte Beobachtungen(die anhand von wissenschaftlich erprobten und vereinheitlicht erstellten “Beobachtungsbögen” erfolgen. Diese unterliegen unterschiedlichen Beurteilungsskalen” (z.B. numerischen oder graphischen Skalen), die unter einer vorgegebenen Anleitungsmethode  ausgewertet werden.)


“Aufmerksames und wohlwollendes Betrachten sind das “Herzstück” einer Beobachtung; die zum Ziel haben – das Kind in seinem naturgegebenen Wunsch “Hilf mir es selbst zu tun” – zu fördern”
>> Beobachtungen sollten insofern “nie” als Grundlage für eine “bewertende Beurteilung” (feststehend  oder “ver-urteilend”) vorgenommen werden. <<
Denn all zu schnell kann der Eindruck entstehen bzw. der “beurteilten Beobachtung” impliziert werden, dass diese das Kind für alle anderen ähnlichen Situationen und u.U. für die weitere Zukunft  “charakterisieren”.  
               Dies wäre jedoch ein großer Fehler.

Ein auffälliges Verhalten oder ein beobachtetes Fehlverhalten mag vielleicht zu einem gewissen Zeitpunkt vorhanden sein – sollte  uns aber nicht zu der unumstößlichen Schlussfolgerung bzw. der Einstellung verleiten, dieses Verhalten  als “endgültig” anzusehen! ( >> In diesem Zusammenhang spricht man auch vom sogenannten “Pygmalion Effekt”, der uns auf eine  darin bedeutende  “Gefahr” hinweist:
– Bereits Goethe kannte diesen Effekt und beschrieb ihn so:  Behandle einen Menschen so, wie er sein soll, und du machst ihn schlechter.
BEHANDELST DU IHN ABER SO, ALS SEI ER SCHON DER, DER ER SEIN KÖNNTE, DANN MACHST DU IHN ZU DEM, DER ER SEIN SOLLTE.”

Und auch der deutsche Schriftsteller Jean Paul äußerte dazu: “WER AN DAS GUTE IM MENSCHEN GLAUBT, BEWIRKT DAS GUTE IM MENSCHEN !”   << )

Wir helfen einem Kind also eher mit einer positiven, ihm zugewandten Einstellung – anstatt mit einer negativen  Einstellung.
Richtig gesehen, d.h. aus der Sicht des Kindes müsste man auch eher von einem “Verhaltens-Defizit” sprechen, anstatt von einer “Verhaltens-Auffälligkeit” des Kindes. – Denn das wir ein bestimmtes Verhalten, z.B. daß das Kind beim Frühstück (unangemessen)  “wild trampelt”, als auffällig bezeichnen, ist ihm selbst nicht bekannt. (Woher auch ?) Vor allem dann nicht, wenn es plötzlich beim Kinderturnen “wild trampeln” soll (laut Aufgabenstellung der Übungsleiterin)! 
Der Begriff  “Verhaltens-Defizit” bringt dem Kind gegenüber nicht nur mehr Verständnis entgegen, sondern lässt auch besser  erkennen, dass es sich um ein “mangelndes Verhaltens-Repertoire” des Kindes in einer bestimmten Situation handelt.

– Von Bedeutung sind insofern eine vermehrt “liebevolle Achtsamkeit” und das  “Wohlwollen”, welche wir dem Kind entgegen bringen ! –

Herauszufinden was die Ursache für das Verhalten des Kindes sein könnte undwas dieses Verhalten  gegenwärtig aufrecht erhält, wird für das Kind vermutlich eher hilfreich und damit weiterführend sein.



Mit dem folgenden Fallbeispiel und dem einen und anderen Beobachtungsbogen möchte ich nun eine Verhaltensauffälligkeit und deren Aufrechterhaltung durch “vorausgehende Reizbedingungen” (Auslöser – in Form eines Ereignisses oder eines Verhaltens) und “nachfolgende Reizbedingungen” (Verstärkung – i.d.R. in Form einer Verhaltens-Antwort durch das Umfeld ) aufzeigen.
Es gibt also für das Verhalten “vorausgehende” und “nachfolgende” Reiz- bzw. Verhaltens-Bedingungen, die es herauszufinden gilt.

Diese Verhaltenskette schaut dann so aus:
” => Reiz =>  Reaktion =>  Konsequenz / Verstärker
( bei dieser Vorgehensweise handelt es sich um das Paradigma der “Verhaltenspsychologie” mit  seinen Lerntheorien (z.B. positive und negative Verstärkung). – 
    Neben dieser Vorgehensweise gibt es auch die  – von mir persönlich bevorzugte –  “Nicht-direktive Spieltherapie (nach Virginia Axline), zur wirksamen Behandlung kindlicher Verhaltensauffälligkeiten”, die zu dem Paradigma der “Humanistischen Psychologie” zählt.  )


Nehmen wir nun weiter an, dass es sich bei dem “beobachtbaren Verhalten” um ein Trotz- und Wutverhalten eines fünfjährigen Kindes handelt.

1. Beobachtungsbogen: – Führen einer Strichliste über das gezeigte Verhalten (1 Woche lang) –

1. Beobachtung) Vorschlag für eine Strichliste

Name Schreien bei Spielunterbrechung Trampeln Um-sich-schlagen wirft mit Gegenständen etc. Anzahl der Striche
1. Tag
2. Tag
3. Tag
4. Tag
5. Tag
6. Tag
7. Tag


Die am Ende der Woche ausgewertete Strichliste gibt sowohl Aufschluss über die Art der Verhaltensauffälligkeit(en) – wie z.B. “trampeln” oder “schreien” , als auch über deren Häufigkeit(en) und deren auftretenden Zeitpunkt.

Diese “Grundrate” kann zu einem späteren Zeitpunkt bei einer erneuten Überprüfung “der angestrebten Verhaltensänderung” als Kontrollbogen verwendet werden.

Wenn die Verhaltenskette von ” Reiz-Reaktion-Konsequenz /Verstärker an einer “angemessenen Stelle” unterbrochen wird, wird auch das auffällige Verhalten des Kindes sichtbar abnehmen.
Doch was ist nun die “angemessene Stelle” ?
Schaut man sich die Verhaltenskette in ihrer Abfolge an, so kann uns bereits der “Reiz” als Auslöser bzw. die “Situation”, in der das kindliche auffällige Verhalten (als Reaktion) auftritt, wertvolle Hinweise geben.
“Das Verhalten” (die Reaktion) des Kindes zu verstehen ist dabei eine primäre Aufgabe.
Möglicherweise gibt es einen “guten Grund” für das auffällige Verhalten des Kindes. Hat es vielleicht Angst, fühlt es sich durch irgend etwas  bedrängt, oder hat es Schmerzen … – so, dass sein Verhalten sogar “verständlich” und “vernünftig” ist ?

Weitere Möglichkeiten für ein trotziges Verhalten könnten z.B. sein, weil das Kind seinen Willen nicht bekommt, oder weil es Schlafenszeit ist usw.
Neben dem grundlegenden Verständnis für die Verhaltensäußerung des Kindes, kann zur Verhaltensänderung bei den auslösenden “Reizen” angesetzt werden, indem man ihr Auftreten – wenn möglich – im Vorfeld bereits verhindert.
Je nach “Reaktion” und  Alter des Kindes, könnte – als zweiter Punkt der Verhaltenskette – mit ihm eine kommunikationsunterstützende Alternative eingeübt werden (das es z.B. anstatt zu “trampeln” seinen Wunsch “zeigt” oder “verbal äußert”).
Da es außer diesen “vorausgehenden Verhaltens-Bedingungen auch “nachfolgende Verhaltens-Bedingungen” in Form von sogenannten “Verstärkern” gibt (die das Verhalten des Kindes in Konsequenz zusätzlich bestärken und es weiterhin aufrecht erhalten), besteht auch hier – am dritten Punkt der Verhaltenskette – eine “angemessene Stelle” zur Unterbrechung dieser Verhaltenskette bzw.  eine “Veränderungs-Möglichkeit” des Verhaltens.

Bei den “Verstärkern” handelt es sich oftmals um unwillkürliche und unbewußte Verhaltensweisen/ Konsequenzen seitens der Umwelt des Kindes. Das heißt, man ist sich gar nicht bewußt, dass ein spontanes lachen, ein entsetzter Ausruf,  Aufmerksame und wohlwollende Sichtweise 6ein Anfeuerungsruf oder ein unwillkürliches Nachgeben “verstärkende Wirkung” auf die soeben statt gefundene Situation / auf das vorausgegangene Verhalten hat.

Haben wir nun in unserem Beispiel anhand des Beobachtungsbogens herausgefunden, dass das Kind oftmals “trampelt” oder “schreit”, wenn es ein Spiel aufräumen soll – und kichern belustigt darüber, so fühlt sich das Kind in seinem Verhalten bestärkt. Auch dann, wenn wir selbst (aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit) statt seiner das Spiel aufräumen. Natürlich sollte man sich zuvor vergewissert haben, ob das Kind “verstanden” hat, was es tun soll und auch in der Lage ist das Gewünschte umzusetzen. (Das kann u.U. schon daran scheitern, weil es nicht genau weiß “wie” und “wo” die Einzelteile in den Karton eingeräumt werden. Und es soll auch schon vorgekommen sein, dass “es” das Spiel gar nicht ausgeräumt hat, sondern der Bruder oder die Schwester … ) Grundsätzlich spricht auch gar nichts dagegen, dem Kind beim Aufräumen zu helfen (im Gegenteil – denn dadurch lernt es “hilfsbereit zu sein”). Ob dies jedoch während eines “Trotz- bzw. Wutverhaltens” der richtige Zeitpunkt ist, darf bestritten werden.

Schauen wir uns zum Schluß durch einen weiteren Beobachtungsbogen an, welche ” Verstärker ” und welche ” Verstärkungen ” es gibt, die eine Situation bzw. eine ” Verhaltens-Bedingung ” aufrecht erhalten bzw. zusätzlich verstärken können.
Dazu möchte ich vorweg noch eine kurze Beschreibung zu den beiden Begriffen: “positive Verstärker” und “negative Verstärker” geben:
positiver Verstärker: ist ein Reiz, der eine Reaktion erhöht, wenn er zu einer Situation hinzutritt  (da er als angenehm empfunden wird) => dazu zählen materielle und soziale “An-Reize” –; wie z.B. loben, lächeln, Geschenke usw.

negativer Verstärker: ist ein Reiz, der eine Reaktion erhöht, wenn er aus der Situation herausgenommen wird  (da er als als unangenehm empfunden wird) – dazu zählen “alle unangenehme Situationen”; wie z.B.  Lärm, Hitze, grelles Licht, Bauchschmerzen usw.
Anders formuliert:
Auf einen “unangenehmen Zustand” (Angst, Bauchschmerzen, `unbeliebte´ Hausaufgaben machen, beim `unbeliebten´ Spülen helfen, ein bevorstehender Zahnarztbesuch, das Kinderzimmer aufräumen usw.) erfolgt  ein Verhalten (z.B. Schokolade essen, (Alkohol trinken/Erwachsener), weglaufen, mit dem Lieblingsspielzeug spielen,  Schmerzmittel nehmen …) das den “unangenehmen Zustand” verringert bzw. beendet.  Dieses letztere Verhalten (z.B. Schokolade essen…) wird verstärkt.



2. Beobachtungsbogen:
– Darstellung eines Beispiels für eine “Reiz – Reaktion -Konsequenz”-Verhaltenskette –

2. Beobachtung) Verhaltenskette: Reiz-Reaktion-Konsequenz

Reiz Reaktionen ______ Konse- quenzen ______
Situation beobachtetes Verhalten Reaktion d. Erwachsenen (soz. Verstärker) Reaktion d. Kinder (soz. Verstärker) Materieller Verstärker Vermeidung einer unangen. Situation
Max soll seine Geschwister mitspielen lassen Max weigert sich und trampelt Mutter gibt nach und lässt Max alleine spielen
sein Bruder Tim möchte beim Bauen eines Turms mithelfen Max schlägt Tim Bruder Leo findet das lustig und klatscht freudig in die Hände
die Schwester Mia bittet Max um zwei Bausteine für ihr Puppensiel Max gibt seiner Schwester Mia (ausnahmsweise) zwei Bausteine die Mutter freut sich und schenkt Max lobend eins seiner Lieblingsbonbons
Die Mutter ruft nach einer Weile zum aufräumen auf Max reagiert nicht Max versteckt sich unter den Tisch
etc.

 

 

Möchten Sie innerhalb dieser Situationsbeispiele z.B. erreichen, dass Max öfter als bisher seine Geschwister mitspielen lässt und sein Spiel auf Ihren Wunsch hin aufräumt, dann müssen sie auf sein “Mitspielen lassen” und sein “Aufräumen”  – sobald das Verhalten auftritt – einen Verstärker, d.h. irgendeine angenehme Konsequenz (sozialer oder materieller Verstärker) folgen lassen. 

Hinweis: Eine Verstärkung erzielt dann die beste Wirkung, wenn sie unmittelbar auf das Verhalten erfolgt (also sofort – und nicht erst eine Stunde später).
– Unerwünschte Verhaltensweisen können am besten durch die Ausbildung “erwünschter Verhaltensweisen” beseitigt werden.


Die oben aufgeführte “Beobachtungs-Strichliste” sollte auf jeden Fall fortgesetzt werden. Evtl. können Sie bald erste Erfolge ablesen.

Wenn Sie “konsequent” vorgehen, werden Sie feststellen, dass das unerwünschte Verhalten stetig abnimmt und oftmals ganz verschwindet.

Wenn sich trotz Ihrer Bemühungen das Verhalten nicht ändert, kann es sein, dass Sie nicht alle Verstärker herausgefunden haben, oder noch gelegentlich das Verhalten verstärken – welches  dadurch natürlich häufiger auftritt.
(Denn ein Verhalten, das durch “gelegentliches Verstärken” entstanden ist, ist besonders schwer zu verändern bzw. zu verlernen).

 

 

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